Geist & Glaube

Im Folgenden wird untersucht, was es mit dem Begriff Spiritualität auf sich hat und in welcher Beziehung der Sonnenwolf zur Spiritualität steht.

Dass dieser Artikel mit der gleichen Formulierung wie der Artikel über Esoterik beginnt, ist kein Zufall; wie auch Esoterik ist Spiritualität ein Begriff, unter dem alles und nichts verstanden werden kann. Beide Begriffe liegen inhaltlich nah beieinander und tauchen oft zusammen auf, wie beispielsweise eine Google-Suche nach “Esoterik Zitate” verrät – in den Suchergebnissen findet sich mehr “Spiritualität” als “Esoterik”. Um da nun etwas Klarheit reinzubringen, schauen wir uns wieder zuerst an, was der Duden sagt.

Der Duden definiert die Bedeutung von Spiritualität als “Geistigkeit; inneres Leben, geistiges Wesen”.

Der Duden führt auch ein Antonym, also ein Gegenteil, auf: Die Materialität (das Bestehen aus Materie, aus einer stofflichen Substanz; Stofflichkeit, Körperlichkeit).

Wir sehen also, dass etwas oder jemand spirituell ist, wenn es oder er geistig ist – im Sinne von nicht körperlich, also nicht physisch erfahrbar. Hier wird offensichtlich ein Dualismus aufgebaut: Das Geistige versus das Körperliche; das, was ich nur innerlich (esoterisch!) erfahren kann versus das, was ich äußerlich (exoterisch!) beobachten kann. Dieser Dualismus hilft uns zwar, unsere Erfahrung zu kategorisieren, ist letztendlich aber irreführend, da Körper & Geist eine Einheit sind. Deswegen auch die Formulierungen Körpergeist bzw. Geistkörper, zum Beispiel im ersten Kapitel von Odin, Nietzsche und der Pfad zur linken Hand. Was ich körperlich erfahre, erfahre ich geistig: Meine körperlichen Sinnesorgane nehmen etwas wahr und mein Geist verarbeitet diese Sinneseindrücke; ich denke und/oder empfinde etwas und diese geistige Erfahrung beeinflusst meinen Körper, z.B. Blutdruck und Herzfrequenz. Letztendlich lassen sich körperliche und geistige Erfahrung nicht voneinander trennen und der gesamte Dualismus ist lediglich Ausdruck des materialistischen Paradigmas unserer soziokulturellen Konditionierung – doch diese Konditionierung ist nun mal da und somit eben auch der Dualismus.

Pragmatisch gesehen drückt das Adjektiv spirituell (= geistig) einfach aus, dass ich meinem Gesprächspartner nicht materiell (= körperlich) zeigen kann, wovon ich rede – ich kann geistige Dinge zwar benennen und beschreiben, aber ich kann sie nicht zeigen, herumreichen, meinem Gegenüber in die Hand geben. Das macht die Angelegenheit oft schwieriger – und deswegen werden “geistige Berufe” wie beispielsweise Psychotherapeut, Pharmalobbyist, Priester und Präsident besser bezahlt als “körperliche Berufe”. In geistigen Berufen gibt es natürlich auch immer körperliche Komponenten und in körperlichen Berufen immer auch geistige, doch es ist der geistige Anteil, der den Unterschied macht. Manch Leser mag sich wundern, warum ich Psychotherapeut, Pharmalobbyist, Priester und Präsident hier in eine Schublade stecke – zumal “geistige Berufe” gemäß obiger Definitionen des Dudens synonym mit “spirituelle Berufe” ist und vermutlich die meisten Menschen nur beim Priester von einem “spirituellen Beruf” sprechen würden. Schauen wir uns zur Aufklärung zunächst die Gemeinsamkeiten der vier genannten Berufe an.

Alle vier, Psychotherapeut, Pharmalobbyist, Priester und Präsident, haben ihre gesellschaftliche Position nicht aufgrund körperlicher, sondern aufgrund geistiger (spiritueller!) Leistung erreicht. Alle vier könnten ihrem Beruf auch mit stark eingeschränkten körperlichen Kräften nachgehen. Als Beispiel sei nur Franklin D. Roosevelt genannt. Alle vier sind jedoch absolut auf ihre geistigen (= spirituellen) Kräfte angewiesen.

Aber warum würden die allermeisten Menschen dann nur beim Priester von einem spirituellen Beruf sprechen? Weil der Gegenstand seiner Arbeit, sein Werkstück, der Glaube seiner Gläubigen ist. Alle vier Berufe bestehen im Kern darin, den Geist anderer Menschen zu beeinflussen. Der Psychotherapeut bestrebt die Heilung des Geistes seiner Patienten, der Pharmalobbyist bestrebt die Kooperation (“Zusammenarbeit im gemeinsamen Geiste”) zwischen dem Präsidenten “seines” Unternehmens und dem “seines” Landes, und der Präsident bestrebt die “Zusammenarbeit im gemeinsamen Geiste” aller Menschen in seinem Herrschaftsbereich. Bei diesen drei Berufen ist auch von außen (exoterisch!) gut verständlich, um was es geht. Geistige Gesundheit ist in ihren Auswirkungen auch von außen beobachtbar und Menschen gehen meist erst dann zum Psychotherapeuten, wenn sie aufgrund ihres geistigen Gesundheitszustandes in der Außenwelt Probleme haben. Pharmalobbyist und Präsident beeinflussen materiell existente und von außen beobachtbare Unternehmen und Kollektive, der Gegenstand ihrer Arbeit ist also auch gut von außen ersichtlich. Nur beim Priester sieht die Sache anders aus.

Der Gegenstand seiner Arbeit ist der Glaube seiner Gläubigen – und der ist von außen nicht ersichtlich. Anders als beim Psychotherapeuten kommen seine “Klienten” auch zu ihm, ohne irgendwelche Probleme zu haben. Seine Gläubigen kommen allein wegen ihres Glaubens zu ihm – nicht wegen eines von außen erkennbaren Angelegenheit.

Was sagt uns das? Dass “spirituell” zwar eigentlich bloß “geistig” bedeutet, umgangssprachlich jedoch mit spirituell oft das bezeichnet wird, was von außen nicht klar verständlich ist. Hier haben wir also die Schnittmenge mit der Esoterik.

Wenn wir uns mit in diesem umgangssprachlichen Sinne spirituellen Dingen beschäftigen, dann beschäftigen wir uns mit unserem Glauben. Dazu der Klappentext von Odin, Nietzsche und der Pfad zur linken Hand:

>> Ein Wolf handelt gemäß seiner Instinkte, ein Mensch gemäß seines Glaubens. Wer an nichts glaubt, glaubt auch nicht an sich selbst – und das ist Atheismus in seiner schädlichsten Form. Noble Taten sind ohne Glauben, ohne Religion, unmöglich. Und was ist Religion anderes als die Art und Weise, wie ein Mensch denkt, die Welt sieht, seine philosophischen Überzeugungen und sein moralischer Kodex? Und was bestimmt dann den Lebensweg eines Menschen, wenn nicht seine persönliche Religion?

Doch an wen oder was soll man seit dem Tod Gottes noch glauben?
Nietzsche rief den Tod Gottes aus und erklärte den Nihilismus, also die Entwertung der obersten Werte und die sich daraus ergebende Sinnlosigkeit des Lebens, zur Folge. Sich selbst bezeichnete er jedoch in seinen nachgelassenen Fragmenten als den ersten vollkommenen Nihilisten Europas, der aber den Nihilismus selbst schon in sich zu Ende gelebt hat.

Lass uns da weitermachen, wo Nietzsche aufgehört hat. Lass uns unseren persönlichen Nihilismus überwinden und wieder an etwas glauben – und zwar an uns selbst. <<

Das Buch ist also offensichtlich ein spirituelles Buch. Und da der Sonnenwolf aus ihm entstanden ist (siehe Kapitel 7), ist der Sonnenwolf natürlich ein spirituelles Ideal. Mehr noch: Odin, Nietzsche und der Pfad zur linken Hand bildet zusammen mit dem Sonnenwolf ein spirituelles System. Wie aus dem oben eingefügten Klappentext ersichtlich könnte man im Grunde auch Religion sagen, oder, präziser, Theologie des Selbst; doch Namen sind Schall und Rauch, letztendlich haben wir es hier einfach mit einem geistigen System zu tun. So ein spirituelles System muss mindestens drei Kriterien erfüllen, um erfolgreich zu sein:

Erstens muss es in sich hinreichend schlüssig sein und argumentativ überzeugen können.
Zweitens muss es direkt erleb- bzw. erfahrbar sein, also konkrete Handlungen beinhalten.
Und drittens müssen Glück & Zufriedenheit das Ergebnis sein.

Um diese drei Kriterien zu erfüllen, gibt es unendlich viele Möglichkeiten. Entscheidend ist, aus dem bloßen Überlegen ins tatsächliche Handeln zu kommen. Dieses tatsächliche Handeln können wir dann spirituelle Praxis nennen. Es lässt sich sinnvoll anhand folgender fünf Begriffe konzeptualisieren:

  1. Philosophie
  2. Psychologie
  3. Training
  4. Ernährung
  5. Meditation


Mit Philosophie meine ich in diesem Kontext, dass wir uns mit unseren Werten, Idealen und Urteilen auseinandersetzen. Wenn wir in diesem wohlverstandenen Sinne philosophieren, dann fragen wir uns: Was ist gut und was ist schlecht? Was will ich und warum? Wie gestalte ich mein Leben? Wohlverstandene Philosophie bezieht sich also ganz konkret auf unser tatsächliches Leben und hat zum Ziel, eben dieses tatsächliche Leben glücklicher und zufriedener zu gestalten.

Das bringt uns direkt zur Psychologie. Laut Duden ist der Begriff Psyche synonym mit dem Begriff Seele – Psychologie kann also als Seelenkunde verstanden werden. In unserem Kontext geht es hier darum, uns selbst immer besser zu verstehen, unsere eigene Natur immer klarer zu erkennen. Das erfordert Mut und den Willen zur Erkenntnis auch unbequemer Wahrheiten. Während Philosophie mehr danach fragt, was gut ist, fragt Psychologie mehr danach, wie wir uns tatsächlich gut verhalten können.

Philosophie und Psychologie als Teil unserer spirituellen Praxis bedeuten vor allem, Fragen zu stellen und zwecks ihrer Beantwortung Informationen zu verarbeiten, beispielsweise zu lesen, Videos zu schauen, Hörbücher zu hören, zu schreiben und zu sprechen. Hier haben wir also den eher intellektuellen Teil der spirituellen Praxis, während Training, Ernährung und Meditation zusammen den eher praktischen Teil bilden.

Training, Ernährung und Meditation wirken unmittelbar in uns, unabhängig davon, was wir über Philosophie und Psychologie wissen. Der Dreiklang aus körperlichem Training, guter Ernährung und effektiver Meditation hat erheblichen Einfluss auf unsere Lebensqualität. Wir müssen nicht täglich philosophieren und psychologisieren, aber wir müssen uns täglich körperlich ertüchtigen, gesund ernähren und meditieren. Das erfordert zwar etwas praktisches Wissen bzw. effektive Techniken, ist dann in der täglichen Umsetzung jedoch keine intellektuelle, sondern eine pragmatische Angelegenheit.

Sind alle fünf Bereiche - Philosophie, Psychologie, Training, Ernährung und Meditation – gut entwickelt und gut aufeinander eingestellt, so ergibt sich ein Leben voller Glück & Zufriedenheit; ein Leben, das du gerne immer und immer wieder genauso leben würdest.